Man braucht 50 Muskeln um die Stirn zu runzeln, aber nur 2 um zu lächeln. Warum also anstrengen?!
Unter dem Motto ging es los zur ersten Aufgabe der kommunikativen Kompetenzen:
10 Passanten Grüßen
Dabei gab es verschiedene Möglichkeiten des Grüßens:
anlächeln, mit dem Kopf zunicken, mit einem freundlichen „Hallo“
Berlin: Es kam zu verschiedenen Situationen. Nonverbale Aufgaben erwiesen sich als schwierig, da bei 2/3 der Leute kein richtiger Blickkontakt hergestellt werden konnte. Sobald gemerkt wurde, dass man angesehen wurde, wurde schnell in die andere Richtung oder auf den Boden geguckt. In seltenen Fällen wurde der Blickkontakt gehalten und das Lächeln erwidert oder misstrauisch weiter in die Augen geschaut. In der Bahn oder auf dem Bahnhof wurden nonverbale Grüße eigentlich immer mit positiver Resonanz zurückgegeben.
Beim verbalen Grüßen mit einem einfachen „Hallo“ wurde der Blickkontakt vorher auch immer abgebrochen, beim gehörten „Hallo“ wurde dann jedoch oft gelächelt und das „Hallo“ erwidert. (In einem Fall wurde der Gruß auch einfach ignoriert und ich grimmig angeschaut und schnell an mir vorbei gegangen.) Einmal wurde ich auch lang und irritiert angeschaut (es war an einer roten Ampel) bis mir irgendwann die Frage gestellt wurde, ob wir uns kennen. Ich antwortete lächelnd, dass dem nicht so sei. Der Mann war immer noch verwirrt, lächelte dann und sagte „Ah, einfach „Hallo“, ja schön. Nett. Hallo.“.
Potsdam: Diese Übung erledigte sich nach anfänglichen Startschwierigkeiten fast wie von selbst, da ich auch im Alltag Blickkontakt mit Fremden nicht scheue und mich im Allgemeinen als ziemlich aufgeschlossen einschätze. Ich habe die Leute fast alle vom Fahrrad aus im Vorbeifahren gegrüßt, um erstens schnellere Reaktionen zu erreichen, aber auch um mich der Situation möglichst zeitnah entziehen zu können! 😉
Erstaunlicherweise erhielt ich von vielen Personen -fast selbstverständlich- einen freundlichen Gruß zurück. Als ob es sich nun mal so gehört, höflich zurück zu grüßen, sobald einer einen dazu „auffordert“. Genau wie die Frage „Wie geht’s?“ meist automatisiert an das Gegenüber mit „Gut, und dir?“ zurückgegeben wird.
Als ich dann so richtig „in Grußlaune“ war, bekam ich Lust, etwas deutlicher auf mich aufmerksam zu machen. Ich vergrößerte nun den Abstand zu den anvisierten Personen und rief -wild winkend und in übertrieben hoher Stimmlage- einem Ehepaar am anderen Ufer der Havel „Juuuuhuu ihr Lieben“ zu. Die zwei waren zuerst kurz verwundert, weil sie mich nicht kannten, winkten dann aber zurück und verfielen in lautes Gelächter. Ein Stück weit entfernt, musste auch ich herzhaft über die Situation lachen!
Zu guter letzt fuhr ich an einer Gruppe Bauarbeiter vorbei, grüßte augenzwinkernd mit „Hallo Jungs!“ und erntete freundliche Zurufe und Pfiffe.
Wirklich eine tolle Möglichkeit, sich ‘nen schönen Tag zu bescheren! 😉
Wichtig ist, dass man nie aufhört zu fragen. Albert Einstein
Schild um den Hals hängen „Bitte stellen Sie mir Fragen“
allg. Reaktionen:
- jeder ließt das Schild, gefragt wurde aber nicht immer
- nachdem das Schild gelesen wurde, wurde ich oft kurz angeschaut, ich habe den Menschen zugelächelt, diese schauten dann oft erschrocken in die andere Richtung und gingen schnell an mir vorbei
- viele Leute gehen vorbei (sind neugierig, ausdruckslos, irritiert oder schmunzeln leicht)
- einige lächeln mich an, fragen aber nichts (tuscheln mit ihrem Partner, Freunden)
- wenige schauen skeptisch
- manche kommen wieder vorbei und trauen sich doch zu fragen
- insgesamt positive Zusprüche, Ermunterungen
1. Reaktion von Schuhverkäuferin: „Wie heißt du?“, „Warum machen Sie das?“; „Weiter so!“
2. Gruppe von Jungs: „Welche Frage soll ich dir denn stellen?“
3. 2 Mädchen: eine: „Wieso?“, andere: „Gehst du hier im Bhf jetzt irgendwas essen?“
4. Coole ältere Frau: „Was soll ich Sie denn fragen?“ ich: „Na was Sie eben interessiert oder wissen wollen.“ Sie: „Ich weiß schon alles!“ (lacht); setzte sich zu mir: längeres Gespräch über Stottern, Trauerbewältigung (erzählte mir, dass ihr Mann ermordet wurde), ihr Motto: Dinge offen ansprechen und Tabus brechen!“ ; wünschte mir viel Erfolg
5. Älteres, neugieriges Ehepaar: „Wieso machen Sie das hier?“, „Gehört da nicht viel Mut dazu?“; klopfte mir auf die Schulter und wünschten mir viel Erfolg
6. Junge: „Wie geht’s?“ ich: „Gut, und dir?“, er: „Möchtest du ein Eis?“, schenkt mir ein Eis!!!
7. Frau im Vorbeigehen: „Geht’s Ihnen denn gut?“; sehr spontan und schnell reagiert
In Potsdam waren die Passanten der Bahnhofspassage sehr viel offener der Aufgabe gegenüber als in Berlin (Park und Straße). In Berlin wurde trotz Ansprechen der einzelnen Menschen nicht eine Frage gestellt. In Potsdam hingegen kamen die Passanten selbständig und stellten Fragen.
einer Fremden Person eine zweckgebundene Frage stellen
Der eigentliche Zweck des Lebens ist nicht Wissen, sonder Handeln. Anita Ludwig
Fragen nach:
Uhrzeit, Taschentuch, „halt-mal-kurz“, nach dem Weg
Berlin: Hektisch, gestresste Menschen, gaben aber nach kurzen Misstrauen fast immer Auskunft (meist im Vorbeigehen, sie blieben selten stehen), ich wurde des öfteren auf die Uhr hingewiesen, die 100 Meter weiter in der Mitte der Straße stand, trotzdem wurden die eigenen Uhrzeiten der Befragten, mit der Uhrzeit der großen Uhr abgeglichen
Potsdam: offen, hilfsbereit und freundlich
Cooler Zufall: Mann nach dem Weg zum Hans-Otto-Theater gefragt; freundlich u. hilfsbereit, etwas nervös wegen leichter Stottersymptomatik
Mann alleine wartend in Bhf-passage: Ich:„Können Sie mal meinen Strauß Blumen und meinen Kaffee halten, damit ich mir den Schuh zubinden kann?“, Er:„Na aber selbstverständlich!“
Tatort u.a. die Schlossstraße in Berlin-Steglitz (siehe Bild)
einer Fremden Person eine spezifische Frage stellen
Objekt der Begierde gesichtet: Ford Mustang!
Ey man is das dein Auto?!
Eine Gruppe Männer bewundert das Prachtstück.Ich: „Kennen Sie den Besitzer?“, Sie: „Nein, aber Sie sehen so aus, als wären Sie die Frau vom Fahrer.“ Auftritt des Fahrzeughalters.
Fahrzeughalter: „Gefällt Ihnen das Auto?“, „Wie finden Sie die Farbe?“, „Hätten Sie auch gerne so ein Auto?“
Ich:„Ob es das auch als Caprio gibt?“, „Welches Baujahr ist das?“
-> Oldtimerbesitzer war Groupies schon gewöhnt, konnte gut und angenehm auf Fragen reagieren, gehört daher zu den „Besseren Menschen“! 😉
Gärtnerin auf Freundschaftsinsel: „Was tun Sie da gerade?“, „Was genau pflanzen Sie?“, „Sind das Blütenpflanzen?“, „Wann genau blühen die?“; Es entstand eine schöne Unterhaltung! Sie zeigte sich sehr interessiert an meiner Aufgabe/bzw. am Studium allgemein. Da sie selbst hörbeeinträchtigt ist, bat sie mich um einen fachlichen Rat. Zu guter Letzt gab sie mir einen Buchtipp und freut sich auf ein baldiges Wiedersehen.
„Das Gespräch lebt nicht von der Mitteilung, sondern von der Teilnahme.“ (Ernst Reinhardt)
ein japanischer Shiba Inu (links)
Das ist ein Langhaar-Chiwawa (rechts), er wiegt zur Zeit 1000g zu viel, bekommt Diät-Futter vom Tierarzt und wird jeden Tag gekämmt. Bald ist auch wieder ein Frisörtermin dran. „Dann kommt alles ab“. Pro Woche sollen 200g abgenommen werden. Das ist viel für so einen Hund. Aber mehr soll er nicht abnehmen, das würde ihm nicht bekommen. 🙂
Die Besitzerin interessierte sich sehr für das Foto („Der Hund ist ja gar nicht so gut zu sehen bei dem grauen Untergrund.“)
jdm. ein Kompliment machen
Ein böses Wort ist wie ein Stein, der in einen Brunnen geworfen wird: Die Wogen mögen sich glätten, der Stein aber bleibt. Konfuzius
Ein freundliches Wort kostet nichts und ist doch das schönste der Geschenke.
1.Gärtnerin auf Freundschaftsinsel gelobt, dass sie eine tolle Arbeit macht und die Beete so schön bepflanzt; bedankt sich, freut sich über mein Interesse.
2.Herrchen für ihre schönen Hunde gelobt.
„Ein Kompliment ist so etwas wie ein Kuss durch einen Schleier.“
3.Junge Frau in Bahnhofspassage auf ihren schicken Rock angesprochen.
4.Junge Frau auf ihrem Balkon beim Gießen angesprochen, dass sie einen hübschen Balkon mit toller Bepflanzung hat.
5.Schöne Uhr. 😉
Fazit:
-selbst zwischen Hauptstädten gibt es doch entscheidende Unterschiede, die uns bei der Durchführung der Aufgaben deutlich aufgefallen sind (Berlin, in einigen Situationen eher frustrierend, Potsdam sehr schmeichelnd fürs Selbstbewusstsein)
-Fahrradfahrer spreche ich gern an, sie sind offen, grüßen zurück und haben eher Zeit
-vor einem Kaufhaus/Geschäft haben die Menschen keine Zeit und keine Lust auf deine Fragen, Parks sind wesentlich angenehmere Orte für eine solche Aufgabe
-Hundebesitzer sind nette Menschen und bleiben auch oft für ein Pläuschchen stehen
-> ja, Hundebesitzer sind in Berlin ganz klar die „Besseren Menschen“! 😀
-an roten Ampeln macht es Spaß Leute zu grüßen/Fragen zu stellen – fühlt sich natürlicher an
-die angesprochenen Menschen sind meist sehr misstrauisch, bis sie wissen, warum ich sie angesprochen habe (vermutlich denken sie, ich will etwas böses/eine Umfrage/Unterschrift/Geld, sobald mein Anliegen geklärt war, wurden sie meist offener)
-viel positive Resonanz, Hilfsbereitschaft, Spontane Gespräche/Begegnungen mit tollen Geschichten
-bei positiver Rückmeldung waren die Aufgaben einfach, quasi ein Selbstläufer, bei negativer Resonanz war die Weiterführung erschwert und entmutigend
-die Komplimente waren die anspruchsvollste Aufgabe, da es schwierig war gleichzeitig authentisch zu sein und trotzdem nicht zu euphorisch die Menschen anzusprechen -> für uns war diese Aufgabe eine echte Überwindung
JG und LJ
Ein so toller Beitrag! Ich musste doch ziemlich oft schmunzeln, über eure Art die Dinge zu berichten. Die Auswahl eurer Aufgaben ist so wunderbar kreativ. Hut ab für eure Mühe und den Einfallsreichtum!
Wunderbarer Beitrag und interessant, was man so alles über einen Hund erfahren kann, wenn man danach fragt. Tolle Bilder! Ich freue mich schon auf den nächsten Beitrag.
Oh ihr seid so lustig! Dieser Hund, der ist ja echt schlecht präsentiert auf diesem grauen Hintergrund (mit dem Himmel im Hintergrund wäre er bestimmt prima zur Geltung gekommen).
Eure Aufgaben finde ich allesamt sehr gut gewählt. Der allererste Beitrag liest sich etwas seltsam – da er so fachlich formuliert ist, dabei geht es ja nur ums Grüßen (könnte man aber auch zur Wissenschaft machen). Ohne sozial-politische Diskussionen anstoßen zu wollen muss ich sagen, dass ich beim Lesen eures Beitrages darüber nachgedacht habe, wie seltsam es ist, dass Menschen hier „Angst“ haben, wenn sie gegrüßt werden oder das Bedürfnis haben schnell wegzugehen (zu fliehen?) wenn sie kommunizieren sollen. Warum?
Ich stelle mir gerade vor, wie die Hundebesitzerin ihren Schützling Freiheitsstatuenmäßig in die Höhe hält, damit das graue Fell vorm himmelblauen Hintergrund noch mehr anfängt, zu strahlen. Schönes Kopfkino, kann ich nur empfehlen!
Den Einfall, Leute beim Komplimentemachen nicht nur auf ihr Äußeres zu reduzieren, hatten wir leider nicht. Sehr gute Idee, Gärtnerin/ Balkonbesitzerin für außerordentliches Pflanztalent zu loben!
Es macht einen großen Spaß von Euren Erlebnissen zu lesen. Ihr habt alles sehr anschaulich und unterhaltsam geschildert und die Fotos sind klasse.
Vor allem halte ich es für eine super Idee, die Kommunikationsübungen an verschiedenen Orten zu erproben, ein interessanter Vergleich. Unsere Gruppe hatte den gleichen Eindruck, dass die Lust und Zeit der Leute in Geschäften als Proband zu fungieren doch eher gering ist. Eine gute Idee, sein Glück an unterschiedlichen Orten zu versuchen.
Kurzum: Inspirierender Beitrag!