„Mission 3 von 3“
gestotterte Unterhaltung an der Bushaltestelle (mit Partner)
Die Durchführung dieser Übung gestalteten VO und ich (KB) so, dass wir uns beide auf dem Weg zur Uni im Zug, also etwas abgewandelt als in der Aufgabenstellung ursprünglich beabsichtigt, auf einen Vierer-Sitz zu zwei älteren Damen setzten und versuchten uns komplett stotternd zu unterhalten. Wir erregten nach einer Weile deren Interesse, obwohl wir …ehrlich gesagt… etwas leise gesprochen haben, und es ergab sich eine gemeinsame Unterhaltung, in der wir die Situation dann auch auflösten. Die netten Damen versicherten uns, dass sie uns das Stottern abgekauft hätten. Rückblickend waren wir uns einig, dass es wohl schwieriger gewesen wäre, sich vor Leuten in unserem Alter stotternd zu unterhalten.
stotternd nach der Uhrzeit fragen
Stotternd nach der Uhrzeit zu fragen, viel uns allen dreien noch leichter als erwartet, da sich auch die Stotterereignisse bei einer simplen Frage im Rahmen hielten und wir nicht unser ganzes Stotterrepertoire einbauen konnten/mussten. Rückblickend lässt sich nicht genau sagen, ob die befragten Personen das Stottern als Stottern erkannten oder es als Aufregung/Schüchternheit wahrnahmen. Direkt darauf angesprochen wurden wir dabei jedenfalls nicht – und glücklicherweise auch nicht schief angeguckt.
stotternd genau nach dem Weg fragen (mit Hinterfragen)
Bei dieser Übung ergab sich ein lustiger Zufall. Die von mir (KB…wir konnten ja nicht alle gleichzeitig reden) befragte Person stotterte selbst ein wenig. Auch hier lösten wir alle die Situation bald auf und erzählten von der in vivo-Übung und dem Seminar. Der Befragte fand die Idee des Pseudostotterns und der in vivo-Übung sehr sinnvoll und gut. Als Feedback für mein Pseudostottern gab er mir an die Hand, vielleicht noch ein paar mehr Begleitsymptome einzubauen, die er selbst zwar nicht als solche bezeichnete, aber er meinte, ich würde nicht “nervös genug” wirken. Er selbst schien auch ein sehr stark ausgeprägtes Störungsbewusstsein zu haben, trotz seiner vergleichsweise schwach ausgeprägten Symptomatik (keine Blocks, lediglich einige Teilwortwiederholungen und Dehnungen). Er erzählte uns, dass er auch nicht zu einer Therapeutin gehe, da sein Stottern deutlich schwächer sei, wenn er sich mit Familie oder Freunden unterhält. Trotzdem findet er es “zum Kotzen”, dass es ihm in der Öffentlichkeit, oder mit Unbekannten so schwer fällt, “gut” zu sprechen. Nachdem er erfuhr, dass wir “Quasi-Fast-Bald-Experten” sind, entspannte er sich sichtlich. Eine nette Erfahrung…und vielleicht ermutigt ihn dieses Zusammentreffen ja dazu, sich in Zukunft von einer Patholinguistin helfen zu lassen.
sich nach den Inhaltsstoffen eines Brotes in der Bäckerei erkundigen
Die Durchführung dieser Übung ging etwas in die Hose. Womöglich war der Zeitpunkt ungünstig und/ oder die Bäckereifachangestellte nicht sonderlich motiviert. Jedenfalls erhielt NS keine umfangreiche Auskunft und wurde übergangen. Das war sehr schade und wir waren darüber auch irgendwie etwas überrascht und pikiert…und folglich auch nicht sehr motiviert, es noch einmal zu probieren.
bei einer Auskunft anrufen
Das war für mich (VO) “die Hölle”. Allerdings hatte ich schon vorher gewusst, dass dies die schwerste Aufgabe für mich sein wird, da ich ohnehin überhaupt nicht gern telefoniere. Beim ersten Versuch legte ich gleich wieder auf, bevor ich etwas sagte. Beim zweiten Versuch, blieb ich standhaft…für 30 Sekunden…es war auf einmal gar nicht mehr schwer, sich in eine stotternde Person hineinzuversetzen…es ging quasi ohne große Anstrengung, fast authomatisch. Erhöhten Herzschlag und flache Atmung gab’s gratis dazu. Als ich merkte, dass die gestresste Frau am anderen Ende der Leitung auch noch ungeduldig wurde, legte ich wieder auf….ohne je die Telefonnummer von “Katinka Kinkerlitz” erfahren zu haben.
Als Fazit können wir über das gesamte invivo-Projekt sagen, dass es eine bereichernde Erfahrung war, die einen sehr oft dazu zwang, seine Kompfortzone zu verlassen. Mal setzte man nur eine Zehe über diese mentale Grenze hinaus, mal machte man einen Hechtsprung…oder man wurde gestoßen…und zwar in eiskaltes Wasser. Manchmal meisterte man die Situation ganz gut, machte vielleicht sogar eine gute Figur dabei. Ein anderes Mal wurde es dann leider doch nur ein Bauchklatscher. Neben peinlicher Berührung, gab es aber auch viel Spaß und einige neue Erkenntnisse. Auch die schauspielerische Komponente brachte viel Freude. Jeder hatte dabei seine persönlichen Favouriten und seine eigenen größten Herausforderungen. Auf jeden Fall ist es rückblickend eine gute Sache gewesen. Nun können wir jedenfalls in unserer therapeutischen Zukunft zurecht behaupten, dass wir uns gut in unsere Stotter-Patienten hineinversetzen können.
KB, NS und VO 🙂
Das ist ja wirklich ein Zufall, dass Sie jemanden angesprochen haben, der selbst stottert. Interessant, dass er Ihnen mehr Begleitsymptome „empfohlen“ hat. Dazu möchte ich sagen, dass Sie dann wahrscheinlich alles richtig gemacht haben, da Pseudostottern möglichst ohne Begleitsymptome durchgeführt wird, sondern locker und anstrengunsgfrei, ohne Unsicherheit oder Nervosität.