K-k-k-kunstrasen, ein C-c-café und Kürbisk-k-kernbrötchen

Sensibilisierung für das Stottern:

  • gemeinsames Stottern (Unterhaltung) in einem öffentlichen Raum

Eine gute Gelegenheit sich einzuswingen.

Nach dem Motto:

Jeder V-v-v-vogel singt, wie ihm der Sch-schnabel gew-w-w-wachsen ist.

 

Wie erwartet war diese Übung ein guter Einstieg für die zunehmend schwerer werdenden Herausforderungen, vor denen AUCH WIR zugegebenermaßen doch ein wenig mehr Angst hatten als bei den bisher bewältigten Aufgaben.

(Rowan Atkinson alias Mr. Bean stotterer!)

Während wir versuchten, uns unsere Wochenenderlebnisse so locker und flockig wie eben möglich zu schildern, fiel uns auf, dass unser Pseudostottern noch nicht ganz astrein über die Lippen ging. Manchmal beschlich uns das Gefühl, dass uns die „Stotter-Polizei“ sofort entlarven würde..so auffällig unauffällig wie wir uns teilweise verhielten. Trotz unserer Zweifel, blieben wir aber unentdeckt! Scheinbar kauften uns die Leute unser Verhalten doch tatsächlich ab.
Die Zuhörer in unmittelbarer Nähe zeigten sich allerdings gänzlich uninteressiert, vor allem weil die Umgebungsgeräusche der Bahnhofspassage unsern Plausch deutlich übertrumpften und man seinen Gegenüber bei einer normal geführten Unterhaltung ja auch nicht unbedingt anschreien mag. Außer vielleicht ein neugieriges, aber unauffälliges Aufschauen einer jungen Frau in unsere Richtung und ein Baby, welches lächelte und uns fasziniert anstarrte- wohl aber eher aus anderen Beweggründen, gab es keinerlei Reaktionen .

  • Telefonieren in der Öffentlichkeit

Das Reden tut dem Menschen gut;
Wenn man es nämlich selber tut;
Von Angstprodukten abgesehn,
Denn so etwas bekommt nicht schön. (W. Busch)

Etwas lauteres Telefonat. Person 1 in der S-Bahn und Person 2 an der Kasse im Supermarkt.

JG: „Mir schien, als wären die Leute selbst bei stärkerer simulierter Stottersymptomatik (sogar mit Begleiterscheinungen) nicht aus ihrem Alltagstrott zu locken und gingen völlig unbeeindruckt, schier ferngesteuert ihren Beschäftigungen nach. Allerdings auch kein untypisches Phänomen an Supermarktkassen!“

LJ: „Ein Mann mittleren Alters (evtl akute midlife crisis?!) starrte mich nach dem Telefonat unentwegt an -nach dem Motto ‚Was kommt als nächstes?!'“

  • eine fremde Person nach dem Weg/ Restaurant/ Café fragen

  • Informationen bei Dienstleistern einholen

  • an der Bäckertheke etwas bestellen/ nach einem bestimmten Produkt fragen bei langer Warteschlange

Nach dem wir uns einmal warm gestottert hatten, gingen wir spontan und locker auf die Leute los und stellten sogar weiterführende Fragen. Es gab verlegene, genervte (liegt wohl eher an der allgemeinen Unzufriedenheit oder an der schlechten Bezahlung der Mitarbeiterinnen als an unserer Stottersymptomatik) und irritierte Reaktionen. Vor allem gerieten wir unter Druck, als wir merkten, dass die angesprochenen Personen sehr in Eile und mit Geduld nicht allzu gut bestückt waren.
Was wir herausfanden:

  1. In einem Krimskrams-Geschäft gibt es immer noch Kunstrasen zu kaufen20160627_151034
  2. die S7 nach Berlin fährt wieder alle 10 Min und es sind keine weiteren Baustellen geplant (wer weiß wie vertrauenswürdig meine Quelle war?!)
  3. keiner weiß, wo das gesuchte Café zu finden ist – muss wohl selbst für gebürtige Potsdamer ein Mythos sein!

Leider war die Schlange an der Bäckertheke nicht ganz so lang wie geplant, trotzdem gestaltete sich diese Aktion als ziemlich aufregend und ließ das Herzchen deutlich höher schlagen. Auf der Einkaufsliste befanden sich zwei Kürbiskernbrötchen, eine
Streuselschnecke und ein halbes Roggenvollkornbrot, welche wir erfolgreich in unseren Einkaufsbeutel versenkten.
JG: „Die Verkäuferin erwies sich als äußerst geduldig und versuchte sich nichts anmerken zu lassen, um meine ‚Unsicherheiten‘ so natürlich wie möglich erscheinen zu lassen. Ich hatte den Eindruck, dass sie es fast ein wenig begrüßte, sich etwas mehr Zeit für einen Kunden nehmen zu können und sich nicht aus der Ruhe bringen ließ.“

 

Nach der Übung fühlten wir uns, als könnten wir es mit der ganzen Welt aufnehmen. Wir sind nun also gewappnet für jegliche Aufgaben, bei denen es darum geht die Komfortzone zu verlassen.

Danke dafür Frau Breitenstein! 🙂

3 thoughts on “K-k-k-kunstrasen, ein C-c-café und Kürbisk-k-kernbrötchen”

  1. Ich freue mich, dass Sie Ihre Komfortzone verlassen haben und dies sogar gerne (wieder) tun. Das Projekt kann bei Ihnen also als ein voller Erfolg gewertet werden!!!

  2. Ihr scheint mir ja eine ziemliche Schwäche für’s K zu haben!
    Finde euer Fazit sehr schön. Kam mir nach meinem Tête-à-tête mit einer Kaufhaus-Verkäuferin auch nahezu unbesiegbar vor. Schön, was In-Vivo so für Selbstbewusstseinsboosts (tolles Wort!) auslöst.
    „Wir sind jung. Wir sind stark. Wir sind unverwüstlich!“

  3. Ich kann da euren Erfahrungen nur zustimmen, dass es zum einen Menschen mit wenig Geduld gab, aber zum anderen vor allem Mitarbeiter das Stottern eher als natürlich hinnahmen und geduldig erklärten. Von euren eingeholten Informationen ist doch zumindest die Zweite (die S-Bah fährt wieder!!!) doch sehr lobenswert. Noch viel lobenswerter: Ihr habt euch der Stotteraufgabe erfolgreich gestellt (;

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