Von Schlitten, Stränden und fremden Sprachen

Uuuund weiter geht’s! Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend wagten wir uns an Stufe 2 unseres In-vivo-Trainings. Wieder mussten wir feststellen, dass wir zur Zeit der Vorbereitung noch keine Ahnung von den versteckten Hürden hatten, die auf einmal in unseren Köpfen auftauchten als es an die Umsetzung unserer Mut- und Auffälligkeitsübungen ging. Doch wir waren entschlossen unseren inneren Schweinehundzu besiegen!

 

  1. Einen Schlitten im Park hinter sich herziehen (wenn kein Schnee liegt)

Die Schlittenfahrt war sicher unsere leichteste Übung und prima zum Aufwärmen. An einSchlitten2em wunderbar sonnigen Sonntagnachmittag zogen wir einen ebenso wunderbaren Schlitten durch einen Park im Berliner Südwesten. Wir fingen ein paar wenige misstrauisch bis belustigte Blicke und ein paar Kommentare ein: „Oho! Ein Schlitten!“. Aber ansonsten blieben wir doch noch ein wenig zu unbemerkt. [AJ]

 

  1. In als der Bahn laut vor sich hin singen

„Nichts leichter als das!“ dachten wir uns vor nicht allzu langer Zeit, als wir uns diese Aufgabe überlegten. Wir sind doch drei musikalische Mädels, singen in Chören, gehen gern auf Konzerte – da wird es doch nicht so schwer sein, in der Bahn mal ein Liedchen vor sich hin zu trällern und zu schauen, was die Leute so davon denken. Um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, nahmen wir und also vor, diese Aufgabe nicht im Schutz der Gruppe zu absolvieren, sondern allein. Und fanden uns auf einmal in den merkwürdigsten Situationen wieder:

Man steht in einer brechend vollen Regionalbahn, es sind gefühlte 40°C, alle Passagiere scheinen sich mit geschlossenen Augen an einen besseren Ort meditieren zu wollen – da kann man doch nicht einfach aus vollem Hals ‚Don’t worry, be happy‘ singen. Man beginnt also, über erste Aufschiebe-Taktiken á la „Ab der nächsten Station mache ich es aber. Ganz bestimmt.“ nachzudenken. Das unbehagliche Gefühl in der Brust nimmt immer weiter zu und umso mehr man über die Reaktionen der anderen Fahrgäste nachdenkt… Oh, und auf einmal hat man schon sein Fahrtziel erreicht und steigt aus. Na was für ein Glück.

Nach diesen ersten Misserfolgen war uns klar, dass wir eine neue Strategie für diese Aufgabe brauchten. Wir fingen diesmal etwas kleinschrittiger an:  im Bus kurz vor der eigenen Station ein Lied vor sich hin summen, zu zweit an der Bushaltestelle singen, oder abends an der Supermaktkasse ein Feierabend-Lied anstimmen. Die Reaktionen der Menschen reichten von komplettem Ignorieren der Situation über vereinzelte genervte Blicke bis hin zum freundlichsten Lächeln und netten Kommentaren. Überwiegend jedoch letzteres, was für uns eine große Erleichterung war. Und mit jedem Schritt wurden wir etwas mutiger, bis es am Ende auch mit dem Regionalbahn-Szenario klappte:

Man steigt singend in eine brechend vollen Regionalbahn ein, es sind gefühlte 40°C, die meisten Passagiere begegnen einem mit einem Lächeln. Der Typ neben einem meint: „Na du hast aber gute Laune heute!“. Und man stellt überrascht fest, das es ja doch eigentlich ziemlich viel Spaß macht, das Singen in der Bahn. [SE]

 

  1. Hüpfspiel mit einem Passanten machen

Wir hatten schon viel Spaß daran neben dem Brandenburger Tor (in Potsdam) die kreativsten Hüpfmuster auf den Boden zu krakeln. Eine Gruppe Jugendlicher bezeichnete im Vorbeigehen unser Gekritzel als Street-Art. Trotz des spöttischen Untertons fühlten wir uns  bereit nun auch loszuhüpfen. Zunächst absolvierten wir ein paar Runden alleine und ließen uns dabei beobachten/ignorieren. Dann luden wir Passanten dazu ein mit uns mitzuhüpfen. Obwohl es sehr einfach klingt, kostete selbst dies eine kleine Überwindung. Leider waren die Leute, die wir fragten nicht in Hüpfstimmung oder durch ein Eis in der Hand verhindert. Da wir aber noch andere Aufgaben zu erledigen hatten, gaben wir es schließlich auf die Leute zu belästigen. 😉 [LW]

 

  1. Mit Strandausrüstung durch die Fußgängerzone laufen und sich laut fragen, wo der Strand ist

Ausgerüstet mit Sonnenhüten, Handtüchern und Picknickdecke machten wir uns in unserer Lieblings

-strandpromenade, der Brandenburgerstraße, auf die Suche nach dem Wasser. Unsere Diskussion untereinander, wo denn nun der Strand sei, schien jedoch niemanden zu interessieren und so gingen wir dazu über den Passanten mal wieder direkt auf die Pelle zu rücken. Hierbei machten wir viele positive Erfahrungen: zwar waren fast alle sichtlich verwundert über unsere Frage: „Können Sie uns sagen, wo der Strand ist?“ Die häufigste Reaktion war: „Welcher Strand???“ Wir stellten uns dann ein wenig dumm: „Wir haben gehört hier soll es einen wunderschönen, großen Sandstrand geben! Wo ist der?“ Und dann wurden wir meist darüber informiert, dass der nächste Strand doch ein ganzes Stück entfernt ist, erhielten meist aber trotzdem eine Wegbeschreibung.

Wir waren sehr positiv überrascht von der Geduld der Leute! Insgesamt also eine sehr angenehme Übung, die wohl vor dem Singen ihren Platz hätte haben sollen. [LW]

 

  1. Einen Passanten auf einer Fantasiesprache ansprechen

Oh je, oh je! Was hatten wir uns denn da mal wieder einfallen lassen? Bei der Planung hatten wir uns noch kringelig gelacht und sogleich unsere besten Fantasiesprachen ausgepackt! Die schienen wir bei der Umsetzung des Ganzen doch plötzlich verlernt zu hab.

Ähnlich wie beim Singen, verstrichen viele ungenutzte Möglichkeiten, da der innere Schweinehund sich im Kopf einfach zu breit machte.

Doch dann, eines fröhlichen Montag nachmittags, an dem die ganze Welt angesichts der wärmenden Sonne weniger bedrohlich auf die drei Mädels wirkte, die sich von einem fernen Land nach Potsdam

verirrt hatten und leider kein Wort Deutsch oder Englisch sprachen, ereignete sich folgendes:

„Kuchundi? Kya hai Areti pandu?“.

Ein verwirrter Blick meines Gegenübers.

„Areti pandu? Pandu?“

Ein mitleidiger Blick: „Ich verstehe dich nicht…“

„Pandu?“

Mit leichter Verzweiflung in der Stimme: „English?“  

Kopfschütteln meinerseits: „Radu. Ti nava.“

Mit sichtlich wachsendem Unbehagen: „Tut mir leid, aber ich verstehe dich einfach nicht!“

Ein Lächeln und dankendes Abwinken von mir: „Aipenda.“

„Sorry.“, ein erlöstes Lächeln meines armen Opfers.

Ja, diese nette Frau tat uns schon etwas Leid! Wir hatten das Gefühl unschuldige Menschen auszunutzen. Doch sie hatte uns dabei geholfen, die Angst etwas abzubauen und so erfragten wir auf unserer einmaligen Sprache noch die Uhrzeit bei einigen weiteren Personen. Die Verzweiflung unseres ersten Opfers wiederholte sich nun nicht mehr, da unser Gegenüber unser Gebrabbel zwar nicht verstand, wohl aber die Gesten. Unser Gewissen war beruhigt und der Schweinehund besiegt! [LW]

4 thoughts on “Von Schlitten, Stränden und fremden Sprachen”

  1. Ich finde es auch toll, wie ihr euch Schritt für Schritt an euer Ziel beim Singen rangetastet habt, anstatt aufzugeben! 🙂
    Auch wir haben uns einige Aufgaben vorher leichter vorgestellt, als sie letztendlich waren…Umso besser war dann das Gefühl, als wir uns überwunden und es trotzdem gemacht haben 🙂

  2. Toll, wie Sie das Singen in der Bahn nach und nach gesteigert haben, sodass Sie am Ende Ihr gesetztes Ziel doch erreicht haben. Super Leistung! Auch Ihre restlichen Übungen verlangten sehr viel Mut. Der letzte Bereich, das absichtliche Stottern, dürfte für Sie nun kein Problem mehr sein.

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